Ist es moralisch zu rechtfertigen, dass der einzige öffentliche Förderer von Patientenorganisationen verlangt, auf Pharmaförderung zu verzichten? Und würden Patientenvertreter ihrem Auftrag nachkommen, wenn sie sich so steuern ließen?

Formen der Unabhängigkeit

Patientenorganisationen können unterschiedliche Formen der Unabhängigkeit aufweisen:

Form der Unabhängigkeit Beschreibung Praktische Situation in Österreich Moralische Vorteile Moralische Risiken / Nachteile
Ideelle Unabhängigkeit von Pharma Keine Gelder von Pharmaunternehmen annehmen, um Interessenskonflikte zu vermeiden Leicht umsetzbar, wenn man öffentliche Förderung erhält
  • Schutz vor Interessenskonflikten
  • Vertrauenswürdige Patientenvertretung
Nur kurzfristig sicher, solange andere Einnahmequellen vorhanden
Finanzielle Unabhängigkeit Nicht von einem einzigen Geldgeber abhängig sein, um Machtpositionen zu vermeiden Sehr schwierig: Öffentliche Projektförderung ist langwierig, unsicher, begrenzt; Spenden und Mitgliedsbeiträge reichen oft nicht
  • Echte Entscheidungsfreiheit
  • Kann kritisch gegenüber Gesundheitssystem agieren
  • Gefahr, dass mangelnde Mittel Aktivitäten einschränken
  • Abhängigkeit vom Staat kann Druck erzeugen, kritischere Positionen zu vermeiden
Ideelle + finanzielle Unabhängigkeit kombiniert Diversifizierte Finanzierung (staatlich + privat + Mitgliedsbeiträge), kein Interessenskonflikt Fast unmöglich in Österreich, da keine verlässliche, kontinuierliche Mittel verfügbar
  • Hohe Glaubwürdigkeit
  • Kann Patienteninteressen umfassend vertreten
  • Praktisch schwer realisierbar
  • Organisation könnte Projekte nicht durchführen oder Personal nicht halten
Abhängigkeit vom öffentlichen Förderer (nur Projektförderung) Organisation lebt ausschließlich von öffentlichen Projektgeldern Realität in Österreich: Antragstellung langwierig, Erfolg ungewiss, inhaltliche Steuerung durch Förderer wahrscheinlich
  • Sicherstellung kurzfristiger Finanzierung
  • Formal unabhängige Ideale können eingehalten werden
  • Abhängigkeit vom Staat kann die kritische Vertretung von Patienteninteressen einschränken
  • Strategie und Prioritäten können vom Förderer beeinflusst werden

Das Verbot von Pharmaförderung schützt die Patientenorganisationen vor klaren Interessenskonflikten, schafft in Österreich jedoch eine neue Abhängigkeit vom einzigen öffentlichen Förderer. Aufgrund von langwierigen Antragsprozessen, ungewissen Projekterfolgen und möglicher Steuerung durch den Geldgeber kann die kritische Vertretung von Patienteninteressen eingeschränkt sein. Ideal wäre eine diversifizierte Finanzierung, die Ideelle Unabhängigkeit mit finanzieller Stabilität kombiniert, ist jedoch in der Praxis derzeit schwer umsetzbar.