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Nationaler Aktionsplan Seltene Erkrankungen - NAP.se, 2021


Die Aktivitätsbeschreibung zum NAP.se/(2014-2018) aus dem Vorjahr gibt es hier: 2020.

Inhalt:

  1. 30.1.2021 - Die Leere aus der Vergangenheit
  2. 31.1.2021 - Einige Lehren aus der Vergangenheit
  3. 24.5.2021 - "Evaluierungsbericht" des NAP.se/(2014-2018)
  4. 6.6.2021 - Frustration im internationalen Vergleich


30.1.2021 - Die Leere aus der Vergangenheit

An dieser Stelle muss ich mich zuallererst wegen des Titels dieser Seite entschuldigen. Vor vielen Jahren hat es einmal europaweite Anstrengungen unter diesem Titel gegeben, die eine bessere medizinische Versorgung und damit ein besseres Leben für Menschen mit nichtalltäglichen Problemlagen versprochen haben. Was dabei für mich sichtbar in Österreich passiert ist - oder auch nicht passiert ist, kann auf den Seiten der Vorjahre nachgelesen werden.
Und das ist ernüchternd - ein kalter Entzug von dem Opium, dass die Versprechungen aus diesem "Nationalen Aktionsplan" für mich über viele Jahre definitiv gewesen sind (hier das Auftakt- Video zur Europlan 2015 in Wien). Der damals von den "relevanten Vertretern des Gesundheitssystems" geforderte Vertrauenvorschuß war letztendlich doch unangebracht.

Aber es reicht mittlerweile. Dieses Pferd ist tot, man sollte es nicht mehr reiten wollen.
Und damit ich jetzt nicht falsch verstanden werde: es ist durchaus auch etwas Sinnvolles geschehen. Ich bin aus meiner Erfahrung als Patientenvertreter im ERN Lung überzeugt davon, dass das aufwendige Etikettieren von medizinischen Zentren mit genügend großer Fallzahl und Engagement (unter dem für mich irreführenden Titel "Designieren") wichtig und richtig war: Österreich hat nicht nur gefühlte 8 Millionen Weltklasse-Fußballtrainer und nicht nur jetzt ebensoviele Weltklasse-Virologen, sondern in medizinischen Fachkreisen auch eine nahezu ebenso große Dichte an Spezialisten für Seltene Erkrankungen - wenn man ihrer jeweiligen Selbstdarstellung und ihren (Be-)Handlungen glauben darf (oder aus der Weiterüberweisunghäufigkeit an ausgewiesene Zentren ablesen könnte).

Die Umsetzung bzw. Einbindung der europäischen Rare Disease Netzwerke ist natürlich nicht nur in Österreich holprig, um es sehr freundlich zu formulieren. Von über das persönliche Engagement von Einzelnen hinausgehende Aktivitäten, von einer systemischen Unterstützung aus dem Gesundheitswesen, hab ich noch keine nicht-verbalen Spuren gefunden. Das Thema Integration in nationale Gesundheitssysteme kommt daher auch im Board on Member States (siehe Minutes) regelmäßig auf die Tagesordnung und wird offensichtlich ebenso auch oft von "Österreich" ignoriert.

Österreich ist selbstdeklarierter Pionier in Sachen Gesundheitskompetenz (Link ÖPGK).
Zur Erinnerung: Ein Pionier betritt Brachland. Er ist tätig, wo vorher keine funktionierende Struktur war.
Und dem stimme ich zu - diese Pionierarbeit ist evident sichtbar notwendiger denn je: Die öffentliche Zurschaustellung von auffassungoriginellen Wort- und Tatenspenden von Experten und Verantwortungsträgern im Gesundheitsbereich rund um Corona machen selbst Laien sprachlos und lassen für den Bereich Seltene Erkrankungen noch Schlimmeres befürchten.

Rufzeichen

Was auch sprachlos macht, ist das Verschleppen von dringenst notwendigen Maßnahmen, über die es aus den medizinischen Fachgesellschaften jahrzehntelangen (!!) Konsens und die Artikulation des dringenden Bedürfnisses gibt.
Eine dieser Maßnahmen ist der Punkt 2 der legendären (wenn auch in manchen Formulierungen überwuzelten) Petition aus 2009, der in der aktuellen Sprechweise gemeinsame Finanzierungstopf für hochpreisige Therapien, der auch im Newsletter Expertisenetze 2020-4 thematisiert wurde.
War vor einigen Jahren noch die große Anzahl der mit Vetorecht ausgestatteten Kassen das kolportierte Hindernis, sollte dieses Hindernis mit der ÖGK nunmehr keines mehr sein. Es fehlt nur - damals wie heute - am politischen Willen.
Anm.: Siehe auch Parlam. Anfrage 2914/J (Gerald Loacker, 2020) mit Referenzen zum NAP.se.

So weit, so schlecht. Aber was macht man jetzt mit der verschütteten Milch?
Schwamm drüber, wegwischen und totschweigen?
Oder Ruinen beseitigen und aus dem Miesgeschick lernen?



31.1.2021 - Einige Lehren aus der Vergangenheit

Um es positiv zu formulieren: Es gibt kein Unglück, aus dem man nicht auch lernen könnte. Unglücklicher Weise gibt's für das Leitthema dieser Seite aber nicht viel Neues, darum kann ich nur alte Forderungen wiederholen.

  1. Für die Seltene Erkrankung - Agenda zentral zuständig muss eine physische, mit Kompetenzen ausgestattete Person benannt werden, sonst wird's nichts. (@Yann Le Cam bei der Europlan 2015 in Wien)
    Eine Erfahrung, die Yann offenbar schon öfter gemacht hat - dem ist nichts hinzuzufügen.
  2. Diagnose und Behandlung am jeweiligen Best Point of Service (BPoS)
    Im Bundes-Zielsteuerungsvertrag 2013 wird Patienten die kurative Versorgung am gemeinsam festgelegten "Best Point of Service" zugesichert (Art.2/Abs.5) und in weiteren 15a-Abkommen weitergeschrieben.
    Hätten wir inzwischen (!) brauchbare Entscheidungshilfen, hätten wir uns wohl den ganzen nationalen Aktionsplan sparen können. Haben wir aber nicht, es ist eine Schande.

    Aber: Das Recht auf den BPoS ist von Bund, Ländern und Versicherungen unterschrieben und uns zugesichert (siehe auch parlamentarische Anfrage "Best Point of Service"). Alle Maßnahmenvorschläge aus dem dahingeschiedenen Aktionsplan sind es - abgesehen von zusätzlichen Türschildern - nicht.
    Aus meiner bescheidenen Sicht als Patientenvertreter ist es deshalb sinnvoll, alle offenen Punkte des unsäglichen Aktionsplans bleiben zu lassen und unsere Bemühungen auf den BPoS zu fokussieren.
    BPoS ist nicht nur ein SE-Patienten-Problem: Selbst Thomas Szekeres, immer noch Chef der ÖAK, schrieb 2013 von stundenlanger Recherche - wegen eines typischen Altersleidens seines Vaters, weit weg von einer seltenen Konstellation, und hat deshalb vielleicht eher eine Chance auf Realisierung.

    Ein Grundübel beim Umgang mit dem BPoS ist die originelle Gesundheitskompetenzvariante von entscheidenden Personen im Gesundheitsbereich, die in ihrer Naivität die Meinung vertreten, State of the Art wäre, was irgendein Arzt in irgendeinem Besenkammerl gerade mache und diese Meinung auch gegenüber Patienten und der Öffentlichkeit exekutieren (zur Wortwahl: siehe Hanlon’s Razor), fernab von allen Beweggründen, die zu den nationalen Aktionsplänen geführt haben.

    Anm.: Ich hab keine Ahnung, warum sich die med. Fachgesellschaften (ausgenommen die Kindermedizin) an dieser Stelle überaus unbeteiligt verhalten, weil ihnen ja durch das Einräumen von Kompetenz zur Interpretation von internationalen Leitlinien die Kompetenz zu einem "Definieren" von nationalem State of the Art eingeräumt wird.
  3. Medizin ohne Register ist wie Autofahren mit geschlossenen Augen.
    Medizin ohne Register qualitätssichernd betreiben zu wollen ist einfach nur fahrlässig, dazu gibt es wahrlich genug Evidenz und Literatur. Obendrauf gibt es jetzt auch die Möglichkeit, uns ohne Provisorien direkt an internationalen Registern zu beteiligen oder zumindest international kompatible Register von Beginn an zu starten.
    Selbst die Schweiz stellt an ihrem Rare Disease Day im März den Start ihres (epidemologischen?) Rare Disease Registers vor und wenn wir schon selber nichts auf die Reihe kriegen: einfach anhängen. Weil Register müssen immer konkrete Fragen beantworten und unsere Nachbarn haben wahrscheinlich dieselben Probleme wie wir.
  4. Mindestfallzahlen
    Selbst bei den trivialsten Grundrechnungsarten haben die meisten Menschen verinnerlicht, dass nur die Übung den Meister macht. Und es ist selbstverständlich mit dem Auto in die Fachwerkstatt zu fahren, wenn mehr als ein Ölwechsel fällig ist. Während selbst der laienhafte Hausverstand Mindestfallzahlen für anspruchsvolle Tätigkeiten verlangt, ist diese Einsicht im verantwortungstragenden Medizinbereich großteils noch nicht angekommen. Selbst bei hochspezialisierten ärztlichen Problemgebieten darf komplett ohne Übung herumgedoktert werden - Absurdistan in Reinkultur.

    Selbst für den seltensten und kompliziertesten Eingriff (oder gerade deshalb) findet sich meist irgendjemand, der den Job macht oder machen will - sehr oft zum lebenslangen Schaden der Patienten, denen damit eine Behandlung an einem besseren Point of Service mit einem wahrscheinlich besseren Ergebnis vorenthalten wird. Durch diese Beliebigkeit werden natürlich auch alle Ideen und Patientenrechte aus den Cross Border Übereinkommen ausgehebelt (siehe Wortspenden zur aktuellen EU-Initiatve von CCI-E, HVB, LFF, RD Tschechien).
    Die Mindestfallzahlen zum Aufbau und Erhalt von Expertise ziehen sich wie ein rotes Fadenbündel durch alle Problembereiche von SE und sind das Kernthema der nationalen Aktionspläne SE schlechthin.
    Deutschland geht den Problembereich Mindestfallzahlen und erhöhten Aufwand mit einem eigenen Werkzeug an, mit der ambulanten, spezialfachärztlichen Versorgung (ASV). Und wir??
  5. Ausstattung von Zentren
    Wir haben mittlerweile schon einige Kliniken als Expertisezentrum per 15a-Vertrag etikettiert, es fehlt aber offenbar an der zum Betrieb notwendigen Ausstattung, weil diese Kliniken hoffentlich mit der besseren Integrierung ins österreichische Gesundheitswesen mehr Aufgaben übernehmen und auch mehr Fälle zu betreuen haben werden.
    Spitalsmanager können Klagelieder davon singen: Hospital Managers’ meeting 2019.
  6. Transparenz von Vorgängen
    Logik und Überprüfbarkeit. Das ist eine Währung, auf der kann man wirklich sinnvoll miteinander reden. (Gunkl)
    Dafür ist das Thema wirklich ein gutes Beispiel, wie es nicht gemacht werden sollte. Es ist aber kein Amtsgeheimnis, dass mangelnde Transparenz und Nachvollziehbarkeit eher systemische Probleme darstellen.
    Gerald Bachinger erklärte vor Jahren freimütig, dass immer mehr Entscheidungen hinter verschlossenen Türen stattfänden.
    Die extra für das Thema SE etablierte nationale Koordinationsstelle NKSE existiert irgendwie nur noch als Mailadresse, die meisten Wortmeldungen rund um den Aktionsplan gibt es (abgesehen vom Etikettierungsvorgang) nicht mehr im Internet. Es gibt weder nachvollziehbare Projekt-Fortschrittsberichte, noch irgendwelche Protokolle der entscheidenden, aber anonymen Strategischen Plattform für seltene Erkrankungen, um der interessierten Bevölkerung zu berichten und Anteilnahme zu ermöglichen.
    Es ist schlicht ein projekttechnisches Multiorganversagen, dass man über (stellenweise überaus originelle) Fortschrittsmeinungen nur über parlamentarische Anfragen (siehe Vorjahre, z.B. hier) und aus Patientenvertretungs-Beiträgen (z.B. Pro Rare Papers) erfahren kann.


24.5.2021 - "Evaluierungsbericht" des NAP.se/2014-2018

Pfingstwochenende. Ich bin wieder einmal dabei, meinen Frust in Kaffee zu ertränken und versuch meinen aufgestauten Grant in Richtung Arbeitswut zu kanalisieren. Es gibt viele langwierige Baustellen, wo ich versuche ein wenig zu unterstützen. Es gibt zu meiner Frustration aber kaum einen geografischen Bereich, bei dem so wenig Land in Sicht ist wie bei Gesundheits-Baustellen in Österreich.
Eigentlich wollte ich meinen Spickzettel zum "Evaluierungsbericht" zum NAP.se abarbeiten, hab aber nach mehrmaligem Drüberschauen gesehen, dass dort in wohlfeilen Formulierungen schon alles gesagt worden ist. Bleiben mir eigentlich nur noch ein paar Anmerkungen in meiner einfachen Sprache und ein paar wiederholte Schlußfolgerungen.


Eingerückt gibt es die Zitate aus dem "Evaluierungsbericht".

Um den Nationalen Aktionsplan für seltene Erkrankungen zu evaluieren, wurden ... leitfadengestützte Experteninterviews ... geführt.

Das ist der Grund, weshalb ich diese "Evaluierung" immer unter Anführungszeichen stelle. Schlicht, weil es - abgesehen von Designierung und Zertifizierung - offenbar nichts zu evaluieren gab. Stattdessen wurden von der NAP.se-Koordinationsstelle Personen aus dem Experten-Beirat und der Strategischen Plattform (das sind die anonymen Entscheidungsträgervertreter von Ländern, Bund, SV und GÖG) befragt, wie sie denn das Erreichte auf einer Prozente-Skala für jeden Maßnahmenbereich einschätzen.
Ergebnis abseits von Designierung: ernüchternd.


Auch die Erwartungshaltung in Bezug darauf, was der NAP.se bewirken kann und was nicht, scheint bei den verschiedenen involvierten Personen unterschiedlich gewesen zu sein.

Der Ursprung des NAP.se die erklärte Absicht, das Leben vom Menschen mit seltenen Erkrankungen zu verbessern. Welche Zeile man sich dabei steckt und mit welchen Maßnahmen man diese zu erreichen versucht, wäre der nie wirklich formulierte Plan gewesen. Und ohne Plan kann man auch nicht raten, was der NAP.se hätte bewirken können und was nicht. Also eine einfache Bestätigung der Planlosigkeit.


Und zu den Schlussfolgerungen/Empfehlungen des "Evaluierungsberichts":

1. Wesentlich für mehr Klarheit in Bezug auf die weitere Umsetzung des NAP.se ist eine transparente Darstellung der Aufgaben der Gremien des NAP.se: der NKSE, des Nationalen Büros (NB-NAP.se), des Beirats für seltene Erkrankungen und der Strategischen Plattform.

Diese Notwendigkeit ist untauglich verkürzt. Transparenz ist aus vielen Gründen notwendig - aber nicht nur bei den Aufgaben (die eigentlich im NAP.se ganz verständlich erklärt sind.) Der NKSE z.B obliegt die Rolle der Koordinations- und Informationsdrehscheibe, ein Beirat trinkt Kaffee und ist stellenweise visionär, die anonyme Strategische Plattform bestimmt über reale Umsetzungsvorschläge, die den 15a-Granden vorgelegt werden. Da sich die Plattform laut Definition aus Vertretern der "wichtigen und bestimmenden" Organisationen zusammensetzt (Bund, Länder, SV, GÖG), obliegt ihr damit komplett die Umsetzungsverantwortung.
Zu Transparenz noch: Es gibt aus der gesamten Siechzeit unseres NAP.se (und speziell von der strategischen Plattform) keinen einzigen mir bekannten Tätigkeitsbericht in der Öffentlichkeit. Wer über viele Jahre mit selbstbeanspruchter Kompetenz hinter verschlossenen Türen agiert, von dem kann man wohl umso mehr Verantwortung für (nicht erreichte) Ergebnisse einfordern.


2. In diesem Zusammenhang sollte auch geklärt werden, wer für das Projekt- und Prozessmanagement der weiteren Umsetzung des NAP.se zuständig ist.

Da ist sie wieder, die oft gehörte eine physische Person muss letztendlich zuständig sein-Forderung.
Aus dem normalen Geschäftsleben ist der Chef zuständig, wenn es in unteren Ebenen keine deutlich zuordenbare, kompetente Zuständigkeit gibt. Im Fall des NAP.se ist letztendlich der Gesundheitsminister derjenige, der Verantwortlich ist, wenn alle 15a-Interessensvertreter auf Tauchstation sind. Jemand Zuständigen an der Hand zu haben, der länger als eine Gesundheitsminister-Spanne bleibt, wäre bestimmt von Vorteil.


3. Um die weitere Umsetzung des NAP.se voranzutreiben, erscheint ein möglichst breit getragener Umsetzungsplan ein empfehlenswerter nächster Schritt zu sein.

Ein Umsetzungsplan wurde schon unisono bei der Vorstellung des NAP.se auf der Europlan 2015 gefordert - das ist schon mehr als ein halbes Jahrzehnt her und es ist offenbar nichts passiert. Aber es ist auch offensichtlich, dass viele Ideen aus dem NAP.se längst nicht mehr den gegenwärtigen Notwenigkeiten entsprechen. Selbst Till Voigtländer hat schon letztes Jahr deutlich formuliert, dass viele Maßnahmenvorschläge des NAP.se nicht mehr zeitgemäß wären (Zukunftsperspektiven des Nationalen Aktionsplans für seltene Erkrankungen, 2020).


4. In weiterer Folge sollte das Monitoring der Maßnahmenumsetzung – wie im Umsetzungsplan festgelegt – laufend durchgeführt werden.

Laut NAP.se (Abs. 1.6) sollte das Erstellen von spezifischen Bewertungs-Indikatoren 2015 abgeschlossen sein und von der NKSE durchgeführt werden. Wenn dem nicht so war, muss man über die Hindernisse reden und diesen zukünftig aus dem Weg gehen.
Strukturell ist es natürlich Unsinn, dass der Strategie-Koordinator sich selbst monitort, das kann nur jemand von außerhalb machen - strukturell aufdrängen würde sich dazu vielleicht eine Patientenvertretung ...

Meine Zusammenfassung: Es passiert bei uns in Österreich nichts aus dem Tätigkeitsbereich des NAP.se, außer dem Zusprechen von zusätzlichen Türschildern bei potentiellen ERN-Teilnehmern.
Die seltenen Erkrankungen sind aber keine Einzelerscheinung, die Untätigkeit der dafür Zuständigen und dafür Verantwortlichen scheint in Österreich eher die Regel zu sein. Liest man die offizielle Darstellung des Fortschritts den Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP), dann scheint der ähnlich gut voranzukommen (bereits 2015 mehr als 50% umgesetzt ...), wie man aus parlamentarischen Fragebeantwortungen zum NAP.se (siehe z.B. 467/J aus Mai 2018) vermuten könnte.
Eine tatsächliche Evaluierung des NAP führt aber zu ähnlich desaströsen Ergebnissen wie meine Mutmaßungen zum NAP.se, wobei bestimmt 99% aller Hindernissgründe, die der Umsetzung des NAP entgegen stehen, wohl auch für den NAP.se zutreffen (Evaluierung NAP Behinderung 2012-2020, Seiten 18-20 als Kurzfassung).



6.6.2021 - Frustration im internationalen Vergleich

Es tut sich gefühlt nichts in Österreich, darum wieder einmal ein kurzer Blick auf den Rest der DACH-Region. Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz werden Zentren für Seltene Erkrankungen sichtbar gemacht, die wichtige Lotsen- und Koordinierungsfunktionen erfüllen. In der Terminologie unseres NAP.se entsprechen diese Zentren in etwa A-Zentren (fächerübergreifende Zusammenschlüsse), von denen es in Österreich bislang keines gibt.

Deutschland

Die Liste der Zentren für SE in Deutschland entspricht am ehesten der Liste der Universitäts-Krankenhäuser, wo je nach Standort und vorhandenen Gegebenheiten unterschiedliche Maßnahmen und Pilotprojekte gestartet wurden. Eine Idee über die dabei vertretene Vielfalt kann man gut über die gerade aktualisierten Hompages der jeweiligen Zentren erhalten.

Schweiz

In der Schweiz gibt es mittlerweile 9 Zentren für Seltene Erkrankungen. Diese große Anzahl sei dem Umstand geschuldet, dass drei verschiedene Sprachen abzudecken wären, erzählte Jean-Blaise Wasserfallen am Tag der Seltenen Krankheiten der ProRaris 2021. Als mein persönliches Highlight des Tages wurde der Start des Schweizer Registers für Rare Diseases für Herbst 2021 durch Claudia Kuehni bekannt gegeben.
Passend zum Anlass wurde auch einige Tage davor der das Papier des Bundesrates Gesetzliche Grundlage und finanzielle Rahmenbedingungen zur Sicherstellung der Versorgung im Bereich seltene Krankheiten (BAG, 2021-02-17) veröffentlicht.




Weiterführende Links als Erinnerung:

  1. Bericht des Bundesrates Gesetzliche Grundlage und finanzielle Rahmenbedingungen zur Sicherstellung der Versorgung im Bereich seltene Krankheiten (BAG, 2021-02-17)
    Dazu auch ein sehr guter Boulvard-Text Seltene Krankheiten sollen endlich erkannt werden (blick.ch, 2021-03-02)
  2. Am 6. März wurde das Schweizer Register für seltene Erkrankungen vorgestellt (Videokonferenz zum Tag der SE, 2021-03-06)
  3. Sichere Diagnosestellung bei seltenen Erkrankungen (VDEK Pressemitteilung, 2021-03-25)
  4. NAMSE Dokumente (laufend)
  5. Ein vor mehr als einem Jahr erstelltes Stimmungsbild zum Erfolg des NAP.se ("Evaluierungsbericht") wurde ohne viel Aufhebens auf der NKSE-Seite eingestellt. (NKSE, Datum etwa 13. April 2021?) (auf der Sozialministeriums-Seite verlinkt seit 18. März 2021?)
  6. Patienteneinbindung bei der Errichtung und Führung von Referenzzentren (ProRaris, 2016)



(Letzte Änderung: 2021-07-18)