Beispiele/Anstöße zu Compliance-Diskussionen

Ich möchte euch im folgenden ein paar fiktive Beispiele ausführen und euch bitten, diese Beispiele anhand eurer eigenen Compliance-Regeln zu beurteilen. Sie sollen auch ein Anstoß sein, auch mit eurem Umfeld (Organisation, familiem am Punschstand, ...) darüber zu diskutieren. Behaltet die Ergebnisse im Kopf, damit wir bei Gelegenheit die Ergebnisse vergleichen können.
Und wenn ihr auch fiktive Beispiele habt, die ihr teilen und zur Diskussion stellen wollt - immer nur her damit!

Eine geile Einladung zu einem Kongress, das ist mein erstes Beispiel zur Diskussion.

Beispiel 1:
Patientenvertreter werden von einer Organisation zu einem interessanten Kongress ins EU-Ausland eingeladen mit dem Angebot, die Reise- und Kongresskosten zu übernehmen. Es finden sich mehrere Patientenvertreter, die mit der Annahme der Einladung liebäugeln, aber noch vor den Hotelkosten zurückschrecken. Der Kongressveranstalter offeriert erfreut ob des großen Interesses allen Patientenvertretern einen kostenfreien, mehrtägigen Aufenthalt in einem sehr gehobenen Hotel während des gesamten Kongresses.
Die Patientenvertreter berichten nach ihrer Heimkehr sehr wohlwollend über den Veranstalter und diskutierte Themen und publizieren das auch in ihren Tätigkeitsbereichen.

Warum OK oder nicht OK?



Und noch eine Urlaubs-Fiktion:

Beispiel 2:
Ein Patientenvertreter fährt zu einem Kongress. Da (oder obwohl - ist das vielleicht ebenfalls eine Frage von Compliance?) es in die Stadt der Liebe geht, ist auch seine Frau dabei. Sie besucht anstelle des Kongresses aus beruflichem Interesse verschiedene Attraktionen. Nach dem Kongress werden von den Beiden auch noch ein paar zusätzliche Urlaubstage an den Aufenthalt angehängt.

Frage: Eine internationale Organisation bietet an, die Reisekosten des Patientenvertreters und eine Übernachtung zu übernehmen.

Warum OK oder nicht OK?

Frage: Die Kongressteilnahme erfolgt im Interesse der Organisation des Patientenvertreters. Sollte sie die Reisekosten und eventuell die Aufenthaltskosten während der Kongresszeit übernehmen?
Warum OK oder nicht OK?



Wieder eine Einladung zu einem Kongress.

Beispiel 3:
Unser Patientenvertreter fährt zu einem Kongress im Inland. Schon im Vorfeld ist im bewußt, dass er am Kongress in unterschiedlichen Rollen bzw. Funktionen auftreten wird.

Frage: Sollte er sich die Reise-, Kongress- und Aufenthaltskosten vom Vereinskonto der Patientenorganisation bezahlen lassen?

Warum OK oder nicht OK?

Frage: Sollte er die Kostenerstattung aufteilen - z.B. die Reisekosten aus der Vereinskasse nehmen, die Kongresskosten durch die Einladung des Veranstalters abdecken und die Aufenthaltskosten selbst übernehemen, um den Versuch einer Aufteilung entsprechend dem Auftreten zu versuchen?
Warum OK oder nicht OK?



Standards betreffend best practice entwickeln sich und erfordern zunehmend den Nachweis von guter Versorgungsqualität. Diese Nachweise sind aber oft nicht leicht zu führen, darum sind auch kreative Herangehensweisen denkbar.

Beispiel 4a:
Für eine umtriebige, auf Gewinnmaximierung bedachte Spitalseinrichtung ist es wirtschaftlich vorteilhaft, Patientennähe durch nach außen herzeigbare Qualitäts-Zertifikate belegen zu können. Sie finanziert dazu eine laut Statuten unabhängige Organisation, die laut Eigendarstellung Patientenanliegen vertritt und die zur Legitimation Patientenorganisationen als Mitglieder anwirbt. Und die der Einrichtung über Jahre ausnahmslos höchste Qualität bescheinigt.

Warum OK oder nicht OK?

Die direkte Finanzierung der eigenen Kontrollorganisation ist in der Öffentlichkeit auch ohne Untersuchungsausschuss nicht gut angekommen, die Phrasen Unvereinbarkeit und fehlende Unabhängigkeit sind öfter kolportiert worden und man sucht nach einer anderen Konstruktion, um an die begehrten Qualitätszertifikate zu kommen.

Beispiel 4b:
Eine umtriebige, auf Gewinnmaximierung bedachte Krankenanstalt muss eine nach außen herzeigbare Patientennähe durch Qualitäts-Zertifikate belegen. Compliance-Richtlinien verbieten der Einrichtung eine direkte Finanzierung der willigen Kontrollorganisation, darum springt der Eigentümer der Einrichtung ein und finanziert die Kontrollorganisation aus einem anderen seiner Geldtöpfe.
Das jahrelange Anwerben von Patientenorganisationen als Mitglieder zur Legitimation und die Bescheinigung der höchsten Versorgungsqualität verlaufen problemlos. Um lästige Fragen zu vermeiden, veröffentlicht die als gemeinnützig deklarierte Kontrollorganisation ihren Tätigkeitsbericht ohne Ein- und Ausgaben auszuweisen und selbst Mitglieder erhalten nur nach Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsübereinkunft Einblick in die Finanzierung der Organisation.

Warum OK oder nicht OK?

Die Zertifizierung der Einrichtung aus dem vorigen Beispiel funktioniert reibungslos und wird zum Vorbild für Andere.

Beispiel 4c:
Eine wohlwollende Gesundheitseinrichtung, welche die Kraft der Region nutzt und die bestmögliche Gesundheit verspricht, möchte auch ihre Patientenfreundlichkeit durch Qualitäts-Zertifikate belegen. Compliance-Richtlinien verbieten der Einrichtung eine direkte Finanzierung der willigen Kontrollorganisation, darum springt der Eigentümer der Einrichtung ein und finanziert die Kontrollorganisation aus einem anderen seiner Geldtöpfe.
Das jahrelange Anwerben von Patientenorganisationen als Mitglieder zur Legitimation und die Bescheinigung der höchsten Versorgungsqualität verlaufen problemlos. Um lästige Diskussionen zu vermeiden, veröffentlicht die als gemeinnützig deklarierte Kontrollorganisation ihren Tätigkeitsbericht ohne Ein- und Ausgaben auszuweisen und selbst Mitglieder erhalten nur nach Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsübereinkunft Einblick in die Finanzierung der Organisation.

Warum OK oder nicht OK?



... hier könnten bzw. sollten EURE Beispiel zur Belustigung und Diskussion stehen ...



(Letzte Änderung: 2022-12-09)