logo: erdstrahlenfrei

Nationaler Aktionsplan Seltene Erkrankungen - NAP.se, Monat 53 von 60


Die aktuelle Aktivitätsbeschreibung zum NAP.se/(2014 - 2018) gibt es hier: 2018.

Inhalt:

  1. 31.5.2018 - NAP.se Monat 53 von 60 - geht noch was?
  2. Österreich - 10 Jahre Petition SE
  3. Deutschland - aktuelle Entwicklungen
  4. Schweiz - aktuelle Entwicklungen
  5. Weitere Themen und Links


31.5.2018 - NAP.se Monat 53 von 60 - geht noch was?

NAP.se - parlamentarische Anfrage

Wir befinden uns immer noch im Monat 53 von 60 der NAP.se-Laufzeit, wieder - wie im Vorjahr um diese Zeit - mit einer parlamentarischen Anfrage zum Fortgang des NAP.se. Im Unterschied zum Vorjahr wurde diesmal konkret nach Einzelheiten gefragt, wodurch manche Antworten auch durch interessierte Öffentlichkeit (dazu zähl ich mich) nachgeprüft werden können.
Um ein leichteres Nachvollziehen zu ermöglichen, habe ich die Fragen und die Antworten geordnet auf einer Seite zusammengefügt. Wo es leicht möglich war und mir angebracht erschien, habe ich auch den für mich wahrnehmbaren Sachverhalt zu als fertig deklarierten Maßnahmen angeführt:
Parlamentarische Anfrage/Beantwortung SE 2018.

Ernüchternder und frustrierender Weise muss ich leider anmerken, dass der für Patienten erfahrbare Fortschritt des NAP.se gegen eher gering tendiert.
Bezeichnend, dass der Kommentar zur parlamentarischen Anfrage vom letzten Jahr (NAP.se 2017 - Monat 41) unverändert auch heuer noch absolut angebracht wäre. Es ist zum Mäuse melken.
Im Vergleich zum Vorjahr wurde nur die Designierung der "konkurrenzlosen Zentren" vorangetrieben, womit eigentlich nur ein bereits vorhandener Expertise- und Versorgungszustand bestätigt wurde. Maßnahmen mit direktem Nutzen für eine größere Patientenzahl außerhalb dieser hochspezialisierten Zentren - Maßnahmen zur Annäherung zum Best Point of Service für Viele - sind für mich und viele andere Seltene aus dem NAP.se keine erkennbar.

Anlassbezogen organisierten die NEOS im NEOS Lab eine überparteiliche Diskussionsrunde zur Situation der Seltenen.
Das Video zum NEOS Lab vom 15.5. - quasi die Nachbesprechung zum Thema - war schon kurz darauf bei Youtube:
NEOS Lab Expert Roundtable: Seltene Erkrankungen in Österreich (2018-05-15)
Und dazu die APA-Aussendung NEOS Wien/Gara: Spannende Diskussion zum Thema Seltene Erkrankungen (2018-05-15)
Einerseits ist es eine Freude, den eloquenten Rednern zuzuhören, weil sie genau aufzählen, wo die Kanüllen drücken. Andererseits ist es mehr als ernüchternd zu sehen, wie treffend und kompetent die Darstellungen mittlerweile geworden sind - und frustrierend ist es zu erkennen, wie folgenarm sie bleiben.


Aber jetzt - wie geht es weiter, geht noch was?
Die Aussagen über die weitere Fortführung des NAP.se sind sehr interpretierbar. Mit dem bisherigen Verlauf im Hinterkopf wird wohl die nächste Zeit nur designiert und designiert, während von Betroffenen wie mir immer öfter resigniert wird.
Bevor ich die Flinte ins Korn werfe, schwelge ich aber noch mal kurz in Erinnerungen und schau mal über den Zaun, was so bei den Nachbarn vorgeht.




Österreich

2008 - Schon 10 Jahre her: Petition für Nationalen Aktionsplan SE

Es ist schon wieder 10 Jahre her, dass eine kleine Gruppe Aktivisten - Betroffene und Unterstützer - im Wiener AKH mit Ausstellungstischen, aufgeklebten Postern und auf Schnuren befestigten Collagen auf die drängenden Bedürfnisse von von seltenen Erkrankungen Betroffenen aufmerksam gemacht haben. Beflügelt vom ersten internationalen Tag der seltenen Erkrankungen wurde gemeinsam mit engagierten Ärzten eine Petition verfasst, Unterschriften gesammelt und die ersten 2000 dann an die Gesundheitsministerin Anrdrea Kdolsky übergeben.

Ein Blick auf die Petition von damals hinterlässt zwiespältige Gefühle. Von den meisten Forderungen - von einem Kostentopf für Seltene oder von einem nationalen Netzwerk an Kompetenzzentren, das möglichst viele Erkrankungen abdeckt - scheinen wir immer noch weit entfernt zu sein.

Aktivisten Petition SE 2008

v.l.n.r.: Dr. Till Voigtländer, Orphanet Austria, Dr. Rainer Riedl, Gesundheitsministerin Dr. Andrea Kdolsky,
Dr. Gabriela Pohla-Gubo (Foto: Sundt)

Zweifelsfrei haben die Aktivitäten rund um die Petition auch den Grundstein für unseren Nationalen Aktionsplan NAP.se gelegt (siehe auch Österreichische Wurzeln des NAP.se).



2012 - Ergebnisbericht Seltene Erkrankungen in Österreich

Verbesserungsbedarf bei Umfang und Qualität
Ergebnisbericht SE, Seite 48

Der 2011/2012 erstellte und mittlerweile nur noch schwer auffindbare Ergebnisbericht Seltene Erkrankungen in Österreich kommt im wesentlichen zum Schluss, dass Verbesserungsbedarf besteht: z.B. bei der direkten ärztlich-medizinischen intra- wie extramuralen Versorgung sahen meist mehr als 80 Prozent aller Patientenvertreter eine hohe Notwendigkeit, Verbesserungsmaßnahmen zu setzen. Kostenträger sahen diesen Bedarf in der Mehrzahl nicht.


Der Treppenwitz an der Geschichte ist, dass - würde man die selbe Untersuchung heute wieder machen - die Ergebnisse wieder ziemlich gleich ausfallen würden. Man wähnt sich in einer Zeitschleife - Punxsutawney läßt grüßen.




2018 - European Conference on Rare Diseases & Orphan Products (ECRD) in Wien

ERCD 2018 in Wien

Im fünften und geplant letztem Jahr des NAP.se, nach ganzen zwei Verleihungen von Expertisezentrum-Logos seit der Petition 2008, - wie ist das öffentliche Engagement für SE in Österreich? Gemessen an der großen Anzahl von österreichischen Teilnehmern aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich und am überbordenden österreichischen Pressespiegel - nada.

Dem entsprechend hab ich der ECRD eine eigene Seite spendiert: Seite ECRD 2018 in Wien

Deutschland

NAMSE vor dem Aus?

Das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) wurde 2010 gegründet, um Vorschläge für einen Nationalen Aktionsplan zu erarbeiten. Mit dabei alle wesentlichen Akteure auf dem Gebiet der Seltenen Erkrankungen. Die mit breitem Konsens erarbeiteten Maßnahmenvorschläge (vulgo Nationaler Aktionsplan) wurden am 28. August 2013 veröffentlicht.
Vier Jahre später gab es mit Stand Oktober 2017 den ersten Monitoringbericht zur Umsetzung.

Dieses Bündnis NAMSE scheint nun vor dem Aus, wie das Ärzteblatt zu berichten weiß - auch eine von der ACHSE initiierte Petition für den Erhalt des NAMSE konnte das nicht abwenden. Mit dem NAMSE würden dem Nationalen Aktionsplan sowohl Wurzeln, gemeinsame Plattform als auch Kontrollinstanz mit einem Schlag verloren gehen. Einige Hintergründe werden im Interview Waisenkinder der Medizin angeführt.

Deutschland besitzt eine Menge ERN-Teilnehmer (wobei die meisten Kliniken Teilnehmer bei mehreren ERNs sind) und eine Menge selbsternannte Zentren für seltene Erkrankungen, z.B. das Kompetenzzentrum Seltene Erkrankungen Baden-Württemberg. Notgedrungen selbsternannt (und vielleicht auch nicht immer zurecht), weil es immer noch kein etabliertes Anerkennungsverfahren (wie vom NAMSE gefordert) gibt.
Die ACHSE schreibt dazu: "Betroffenen mit einer Seltenen Erkrankung ist dies nicht zu vermitteln." Wie wahr und nachvollziehbar.

Translate NAMSE

Das Projekt TRANSLATE-NAMSE zielt darauf ab, durch die koordinierte Zusammenarbeit von Zentren für seltene Erkrankungen die Diagnosestellung zu beschleunigen und die Versorgung von Patienten mit seltenen angeborenen Erkrankungen sicherzustellen. Darüber hinaus soll der Übergang von der Kinder- und Jugend- in die Erwachsenenmedizin besser strukturiert werden. In neun Zentren für seltene Erkrankungen sollen dafür die vom NAMSE vorgeschlagenen Strukturen und Prozesse eingeführt und nachhaltig umgesetzt werden. Durch ein Fallmanagement, das überregionale Expertise einbindet und den Zugang der Versorger zu den Daten der beteiligten Zentren ermöglicht, soll die Zeit bis zur Diagnose und richtigen Behandlung verkürzt werden.

Das Versorgungsprojekt TRANSLATE-NAMSE widmet sich dem Defizit in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen. Es wird seit Ende 2016 aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert und will durch gezielte Maßnahmen eine Verbesserung der Versorgungssituation erreichen. Hierfür werden einzelne zentrale Maßnahmenvorschläge aus dem Nationalen Aktionsplan ab 1. Dezember 2017 für 3 Jahre in TRANSLATE-NAMSE bundesweit umgesetzt und in Hinblick auf eine Übernahme in die Regelversorgung erprobt. (Projektseite @Charité )

Deutscher Ethikrat: Herausforderungen im Umgang mit seltenen Erkrankungen

Beinahe alle gängigen Themen zu Problemen von Seltenen wurden durch äußerst engagierte Vortragende und durch die folgende Diskussion behandelt, öffentlich und nachhaltig. Es wurde auch die Frage gestellt, wie die berechtigten Ansprüche der Menschen mit seltenen Erkrankungen innerhalb der strukturellen und ökonomischen Grenzen des Gesundheitswesens realisiert werden können - sonst eher ein Tabuthema in der Öffentlichkeit. Speziell wurde auch dem Nutzen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung für die Diagnostik und Behandlung seltener Erkrankungen sowie der Kostenentwicklung für Arzneimittel nachgegangen. Diskutierte Lösungsansätze reichten von besserer Bewertung und Honorierung von direkt mit den Patienten verbrachter Zeit, von mehr Transparenz durch neue Strukturen zur Information der Betroffenen über eine bessere Einbindung von Selbsthilfegruppen bei der Erarbeitung von Versorgungskonzepten bis hin zur Ausweitung klinischer Studien und der Förderung von Registern für seltene Erkrankungen.

Die Veranstaltung kann nachgehört werden (Dauer 2,5h), ebenso sind die Vortragsfolien verfügbar.




Schweiz

Netzwerk Rare Diseases Nordwest und Zentralschweiz

Neu: Seit kurzem kooperieren fünf Spitäler unter dem Titel Netzwerk Rare Diseases Nordwest und Zentralschweiz in der Behandlung und Betreuung bei seltenen und ungeklärten Krankheiten. Über einen Webauftritt mit integrierter Hotline können sich Betroffene, Angehörige und auch die Ärzteschaft an das Netzwerk wenden und rasch mit einem Fachspezialisten aus der Pädiatrie oder Erwachsenenmedizin in Kontakt treten.
Weiters können auch Ansprechpartner des Sozialen Dienstes Patienten und ihre Angehörigen bei administrativen und versicherungstechnischen Fragen unterstützen.

Die ursprünglich bis Ende 2017 geplante Umsetzung des Nationalen Konzepts Seltene Krankheiten wurde bis Ende 2019 verlängert. Ursprünglich geplant war, die Umsetzung per 31. Dezember 2017 abzuschließen. Die Definition des Prozesses zur Bezeichnung von Referenzzentren / Versorgungsnetzwerken ist jedoch um zwei Jahre in Verzug geraten. Viele Maßnahmen des Konzepts hängen von diesen Bezeichnungen ab und konnten ihrerseits nicht plangemäß per Ende 2017 abgeschlossen werden.
Zur Erfüllung des Auftrags des Bundesrats wird die Umsetzung des Nationalen Konzepts Seltene Krankheiten zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31. Dezember 2019 weitergeführt und abgeschlossen.

Der Schweizer Dachverband für Patientenorganisationen von Menschen mit einer seltenen Erkrankung sowie für isolierte Kranke - Proraris - bietet einen guten Überblick über die landesweite Entwicklung.

Hochspezialisierte Medizin

Die Schweiz ist schon seit längerem bemüht, unter dem Titel Hochspezialisierte Medizin Mindestfallzahlen zur Qualitätssicherung bei Eingriffen anzustreben.




Weitere Themen und Links

Big Data

INNOVCare Workshop

Vom 12.-13. April 2018 fand in Oslo ein gemeinsamer Workshop aus den Projekten INNOVCare und RD-Actions mit dem Ziel, die Lücke in der Koordination zwischen den medizinischen, den sozialen und den Unterstützungsdiensten in den Mitgliedstaaten zu schließen, statt. Die vordringlichsten Problembereiche und Lösungsansätze können als Ergebnis der Breakout Sessions ebenso wie die weiteren Workshopunterlagen nachgelesen werden.

NAP.se

(Letzte Änderung: 2018-05-31)